Mathias Kneißl zum 145. Geburtstag

© Karl Willis, St. Ottilien / Moritz Lang

 

… und wenn er nicht gestorben wäre, könnte er heute seinen 145. Geburtstag feiern. Die Rede ist von Mathias Kneißl, dem berühmten Räuber aus dem Dachauer Land. Aber sein Leben war nicht märchenhaft, und am Ende war auch nicht alles gut, wie im Märchen. Vielmehr endete sein kurzes Leben mit 25 Jahren mit seiner Hinrichtung.

Mathias Kneißl kommt am 12. Mai 1875 im elterlichen Wirtshaus, dem „Pascolini-Wirt“, in Unterweikertshofen auf die Welt. Hier wächst er recht wild und ungebändigt auf. Seiner Mutter Therese wurde nachgesagt, dass sie lieber das Jagdgewehr als den Kochlöffel in die Hand genommen habe. So verwundert es nicht, dass sie Mathias und seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Alois sehr früh das Schießen beigebracht hat. Die Lehrer klagen über die schulischen Leistungen und das Verhalten der Kneißl-Kinder. Lehrer Hindinger bezeichnet den neunjährigen Mathias als „Zuchthauspflanze“.

Die Kneißls driften zunehmend ins kriminelle Milieu ab. Der „Pascolini-Wirt“ entwickelt sich zu einem Umschlagplatz für Wilderer und Hehler. Als sie 1886 in die abseits gelegene Schachenmühle bei Sulzemoos umziehen, können sie ihren dubiosen Geschäften noch unbeobachteter nachgehen. Zuverlässig warnt Therese Kneißls kleiner Spitz vor überraschenden Kontrollen durch die Gendarmerie.

1892: Das Schicksalsjahr für Mathias Kneißl und seine Familie

Das Jahr 1892 entwickelt sich zum Schicksalsjahr für die Kneißls. Als die Wallfahrtskirche Herrgottsruh bei Friedberg ausgeraubt wird, führen die Spuren schnell in die Schachenmühle. Vater Mathias springt auf der Flucht in den Mühlbach und zieht sich dabei tödliche Verletzungen zu. Wenig später wird auch Mutter Therese verhaftet.
Mathias und seine Geschwister bleiben unbeaufsichtigt in der Schachenmühle. Der jähzornige Alois macht mit der Pistole des Vaters die Gegend unsicher. Die überforderte Schwester Katharina bittet darum, Alois zu verhaften. Als zwei Gendarmen zur Mühle kommen, schießt Alois auf die unbewaffneten Polizisten.
Mathias flieht mit seinem Bruder und dessen zwei Gefährten. Erst zwei Wochen später wird er gefunden – mit seinem Akkordeon im Rucksack.

Das Urteil gegen Mathias Kneißl: Fünf Jahre Haft

Alois Kneißl wird wegen versuchten Mordes zu 14 Jahren Haft verurteilt, Mathias wegen versuchten Totschlags und anderer kleiner Vergehen zu über fünf Jahren. Und das, obwohl Alois vor Gericht Mathias Unschuld beteuert hatte. Therese Kneißl wendet sich mit zwei Gnadengesuchen an Prinzregent Luitpold. Der lehnt sie beide ab, Alois stirbt im Zuchthaus an Tuberkulose.
Mathias macht in der Amberger Justizvollzugsanstalt eine Schreinerlehre. Wie viele andere Gefangene träumt er von einem Neuanfang in Amerika. Das dafür benötigte Geld will er als Schreiner verdienen.

Vorurteile verhindern Kneißls Neuanfang

Der Nussdorfer Schreiner Christoph, bei dem Mathias arbeitet, ist mit seinen Leistungen sehr zufrieden. Doch als der Stationskommandant vor Ort Kneißls Vergangenheit öffentlich macht, kommen Vorurteile auf gegen den entlassenen „Zuchthäusler“. Der Schreiner muss ihn schließlich entlassen. Nun findet Kneißl keine dauerhafte Arbeit mehr, denn sein schlechter Ruf eilt ihm voraus.

Irchenbrunn und die Folgen

Da lässt er sich von seinem Cousin zu einem Raubüberfall bei einem reichen Bauern überreden. Doch die Tat fliegt auf und die beiden müssen fliehen. Kneißl versteckt sich in den heimischen Wäldern im Dachauer Land. Wiederholt führt er die Gendarmen vor, die nach ihm suchen.
Bei einem Hühnerdiebstahl werden Dorfburschen auf ihn aufmerksam. Er bittet einen alten Freund des Vaters in Irchenbrunn um Unterschlupf. Der „Flecklbauer“ Michael Rieger lässt ihn zwar ins Haus, schickt aber heimlich nach den Gendarmen. Um vor ihnen fliehen zu können, schießt Kneißl dem einen ins Bein. Dieser verblutet noch vor Ort. Sein Kollege wird vermutlich von einem Querschläger getroffen, auch er stirbt.

„Kneißlerische“ Gesinnung der Landbevölkerung

1000 Mark Belohnung werden auf die Ergreifung Kneißls ausgesetzt. Zum Vergleich: Ein Oberknecht im Dachauer Land hatte damals einen Jahreslohn von 150 Mark.Doch die Landbevölkerung deckt ihn weitgehend. Teils aus Bewunderung, weil sich einer traut, sich gegen „die da oben“ zu stellen, teils aus Angst vor seine Rachedrohungen. „Kneißlerisch“ seien die Leute gestimmt, beklagt sich ein Gendarm in einem seiner Berichte über die mangelnde Unterstützung der Bevölkerung. Mobile Gendarmeriestationen werden gebildet, verdeckte Ermittler eingesetzt, doch ohne Erfolg. Weit über die Grenzen das Dachauer Landes hinaus berichtet die Presse voll Hohn von den Misserfolgen der Gendarmerie.

Verrat durch die Mutter der Geliebten

Kneißls Cousine Mathilde Lorenz ist es schließlich, die ihn verrät. Sie erhofft sich dadurch Vergünstigungen für ihren Mann, der ebenfalls im Gefängnis einsitzt. Sie fädelt ein Treffen Kneißls mit ihrer Tochter Mathilde Danner ein, Kneißls Geliebter.
Kneißl hält sich im Aumacher-Anwesen in Geisenhofen auf. Etwa 150 Schutzleute und Gendarmen sind am 4. März in Geisenhofen und lösen sich alle paar Stunden mit der Observierung des Hofes ab. Tags darauf wird der Stadel mit etwa 1500 Schuss Munition beschossen, dann stürmen über 40 Gendarmen das Wohnhaus. 21 Schüsse werden auf Kneißl abgegeben, einer der fünf Treffer verletzt ihn lebensgefährlich im Unterbauch.

Notoperation durch den Leibarzt des Prinzregenten

In der Chirurgischen Klinik in München wird Kneißl notoperiert, sein Zustand ist lange kritisch. Er wird mit Blumen und Briefen von Sympathisanten überhäuft. Schon im April beginnen die ersten Befragungen, im August wird er ins Zuchthaus nach Augsburg überstellt. Die Presse berichtet ausführlich über seinen Prozess im Augsburger Justizpalast. Der Staatsanwalt schildert Kneißl als menschliche Bestie, die „aus der menschlichen Gesellschaft ausgemerzt werden“ muss. Obgleich Kneißl eine Tötungsabsicht bis zum Schluss bestreitet, wird er zum Tod verurteilt. Am 21. Februar 1902 wird Mathias Kneißl im Innenhof des Augsburger Untersuchungsgefängnisses mit der Guillotine hingerichtet.

Weiterführende Informationen:

Herr Schweinberger von der Brauerei Maisach und ich haben das Räuber-Kneißl-Museum im Keller des Bräustüberls Maisach überarbeitet. Demnächst können Sie es besuchen.
Die Texttafeln und weitere Informationen finden Sie schon jetzt auf der Homepage des Historischen Vereins Fürstenfeldbruck (HVF).

Der Räuber-Kneißl-Radweg der WestAllianz München ist fertig. Wegen der Corona-Pandemie musste die Eröffnung verschoben werden, Sie können ihn aber schon jetzt befahren.  Die Texte zu Kneißl und seine Zeit stammen ebenfalls von mir. Es gibt eine eigene Räuber-Kneißl-Radweg-Homepage mit Informationen zu den Routen, den Sehenswürdigkeiten unterwegs, zum Kneißl sowie einen Audioguide und eine App zum Runterladen für unterwegs.

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