Framing: Haben Sie es sich schon einmal in einer Steueroase bequem gemacht und die straffen Zügel Ihrer Arbeitswelt locker gelassen, vielleicht in der sozialen Hängematte baumelnd?
Oder sitzen Sie in der Steuerfalle fest, weil Sie den Versprechungen der Polithaie auf den Leim gegangen sind, und befürchten nun, dass die Flüchtlingswelle Sie wegspült, obwohl doch die Erderwärmung angenehme Temperaturen für die politische Großwetterlage vorgegaukelt hat?
Die Bilder, die eben beim Lesen vor Ihrem geistigen Auge entstanden sind, stellen Sachverhalte innerhalb bestimmter Deutungsrahmen dar. In der linguistischen Kognitionsforschung spricht man von Frames. Sie prägen unsere Haltung zum Gesagten. Teilaspekte eines Inhalts, die sich außerhalb des Rahmens befinden, bleiben beim Denken und Bewerten eines Sachverhaltes unberücksichtigt.
Wie Framing entsteht
So vermittelt zum Beispiel der Begriff der Steueroase das Bild von einem Ort erholsamen Lebens. In der Wüste um die Oase herum müsste man hingegen verdursten. Und Pech hat, wer in der Steuerfalle festsitzt. Denn hier gibt es kein Entrinnen, man ist gefangen und in seinen Möglichkeiten eingeschränkt.
Obgleich beide Wörter unterschiedliche Gefühle wecken, ist ihnen Folgendes gemeinsam: Sie vermitteln Steuern als eine Last, vor der man sich entweder in einer rettenden Oase in Sicherheit bringt oder der man ansonsten hilflos ausgeliefert ist. Und beide blenden andere Aspekte des Begriffs Steuern aus, wie etwa den, dass wir mit Steuern einen Beitrag zum Funktionieren des staatlichen Gemeinwesens erbringen. Ein typischer Fall von Framing!
Sprache manipuliert unser Denken
Mit Beispielen wie diesen widerlegt Elisabeth Wehling die Behauptung, unser Handeln sei faktenorientiert. Im einführenden Kapitel ihres Buches schreibt sie dazu: „Nicht Fakten, sondern Frames sind die Grundlage unserer alltäglichen sozialen, ökonomischen und politischen Entscheidungen.“
Die Autorin arbeitet in Berkeley als linguistische Kommunikationsforscherin. Hier erläutert sie den aktuellen Stand der Hirnforschung zur Wechselwirkung zwischen Sprache, Denken und Handeln. Und sie bekräftigt mit ihren Forschungsergebnissen die These, die von vielen Dichtern und Werbefachleuten schon lange vertreten wird: Wir werden durch Sprache manipuliert.
Im zweiten Teil ihres Buches untersucht die Verfasserin eine Vielzahl aktueller Begriffe aus Politik und Gesellschaft. Sie beginnt mit der Steuer und leitet über den Sozialstaat und die Flüchtlingsdebatte bis hin zum Umweltschutz und Klimawandel.
Am Ende dieser spannenden und sehr empfehlenswerten Lektüre ist man sensibilisiert für sprachliche Bilder und ihre Frames. Für den zukünftigen Sprachgebrauch wäre es allerdings hilfreich gewesen, wenn Elisabeth Wehling mehr sprachliche Alternativen zu den dekonstruierten Metaphern aufgezeigt hätte.
Elisabeth Wehling: Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht. Herbert von Halem Verlag, Köln 2016. 21,- EUR.
In Fürstenfeldbruck zu beziehen über:
• Klosterladen Fürstenfeld
• http://www.lichtblick-oase.de
• http://treffpunkt-wagner.de/ffb
Ein wichtiges Buch, danke für die Besprechung!