Warum eigentlich lautet der Buchtitel Das Opfer Null, wo es doch schon nach den ersten Kapiteln mehrere Tote gegeben hat, kann man sich als Leser verwundert fragen. Die Antwort liefert der temporeich erzählte Thriller schon recht bald.
Dabei ist die Geschichte so stringent ersonnen und atmosphärisch so dicht gewoben, dass man kaum glauben mag, dass es sich hier um ein Erstlingswerk handelt.
Ein Heckenschütze hat in einer bislang eher ruhigen amerikanischen Stadt einen Linienbus beschossen und sich in einer Wohnung verschanzt. Er will ausschließlich zum Ermittler Lucas Kontakt aufnehmen. Kaum ist dieser Einsatz schnell und blutig beendet, wird Lucas von der Profilerin Anna Lucas um Unterstützung bei einem anderen schwierigen Fall gebeten. Sie steckt fest in den Ermittlungen um einen Serienmörder, der schon vier junge Frauen getötet hat. Lucas kann dank seines außergewöhnlichen Gespürs für Tatorte und die Denkweise von Mördern den Täter zügig ausfindig machen und ein Zusammenhang zwischen den beiden Fällen herstellen. Während man an dieser Stelle vielleicht irritiert überlegt, was denn auf den verbleibenden gut 300 Seiten noch geschehen soll, schlägt der Erzähler ungeahnte Volten, legt neue Spuren.
Das Opfer Null – es gilt noch zu klären, was es damit auf sich hat
So gilt es schließlich noch zu klären, wer das Opfer Null denn sein könnte. Äußerst spannend geschrieben hält der Verfasser immer neue Wendungen für den Leser bereit. Und er gewährt erschütternde Einblicke in die persönlichen Abgründe und die tragischen Lebensgeschichten der beiden Ermittler.
So geheimnisvoll, wie die Charaktere seines Buches mitunter bleiben, so nebulös bleibt auch die Person des Autors Federico Inverni. Man erfährt lediglich, dass es sich bei dem Namen um ein Pseudonym handelt und dass er Italiener ist. Er möchte nichts über sich selbst preisgeben, um das Buch selbst sprechen zu lassen.
Im Abspann allerdings erläutert er seine Beschäftigung mit den Themen Gedächtnis, Gehirnforschung und Verstand. Insbesondere seine Nachforschungen zu dem so genannten „nihilistischen Delirium“, bei dem die betroffenen Patienten zunehmend mehr davon überzeugt sind, sie seien tot, prägt seinen Romanerstling.
Gänsehautfeeling, ich habe eine Nacht durchgelesen.
Federico Inverni: Das Opfer Null. Übersetzt von Sigrun Zühlke. Penguin Verlag, München 2017. 10,- EUR.
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