Sophie Charlotte in Bayern: gefangen im adeligen Käfig

© August-Dreesbach-Verlag / Elisabeth Lang

Mit viel Witz, Bildmaterial und launigen Anekdoten referierte Christian Sepp über das Leben von Herzogin Sophie Charlotte in Bayern. Der Historische Verein Fürstenfeldbruck (HVF) hatte zu der Lesung ins Veranstaltungsforum Fürstenfeld geladen.

Sophie Charlotte war die jüngste Schwester der österreichischen Kaiserin Sisi. Aufgewachsen in Possenhofen erlebte sie zusammen mit ihren drei Brüdern und vier Schwestern eine für Adelskreise recht freie und wilde Kindheit. Gerne fischten die Geschwister im See und Sophie Charlotte entwickelte sich zu einer begeisterten Reiterin.

Die schwärmerische Liebe zur Musik verbindet sie mit ihrem Cousin Ludwig II.

Durch Sisis Heirat ins östereichsche Kaiserhaus werden ihre Schwestern zu begehrten Partien. Sophie Charlotte schlägt jedoch mehrere der vorgeschlagenen Hochzeiter aus. Vielmehr fühlt sie sich durch ihre Begeisterung für Musik mit ihrem Cousin Ludwig verbunden. Nach einem Ball im Bayerischen Hof macht Ludwig ihr einen Heiratsantrag. Doch bald schon erweist sich die schwärmerische Liebe zu der Musik Richard Wagners allein als nicht tragfähig für eine Ehe. Als Ludwig das Verlöbnis kurz vor der Hochzeit löst, arrangiert Mutter Ludovica eine schnelle Eheschließung ihrer Tochter mit Herzog Ferdinand von Alencon. Die Ehe ist nicht glücklich, gleichwohl liebt Sophie Charlotte ihre Kinder abgöttisch.

Sophie Charlotte in Bayern und der „erbliche Wahnsinn“ der Wittelsbacher

Zwanzig Jahre später verliebt sie sich in einen Münchner Augenarzt und will sich scheiden lassen. Ein Skandal! Zwar gab es im Hause Wittelsbach unstandesmäßige Verbindungen in den Reihen der Söhne, die Töchter jedoch hatten sich bislang stets brav gefügt. Die Familie wendet sich von ihr ab.  Ihr gekränkter Ehemann weiß die Trennung zu verhindern: Er beruft sich auf den „erblichen Wahnsinn“ der Wittelsbacher und lässt seine Gattin für unzurechnungsfähig erklären. Sophie Charlotte wird in ein Sanatorium für „Nervenleidende aus den höheren Classen der Gesellschaft“ nahe Graz gebracht. Sie steht unter ständiger Beobachtung, ihre Post wird zensiert. Behandlung mit Eiswasserbädern und eine Art Gesprächstherapie sollen Besserung bringen. Nach acht Monaten wird sie, sichtlich gezeichnet von dieser Zeit, entlassen.

In den folgenden Jahren hinterlassen der Tod ihrer Mutter und weiterer Verwandter unübersehbare Spuren bei der Herzogin. Ihr tragischer Tod mit Fünfzig passt zu ihrem dramatisch verlaufenen Leben: Als bei einem Wohltätigkeitsbasar in Paris Feuer ausbricht, kommt sie in den Flammen ums Leben. – Ob es unglückliche Umstände waren oder  Sophie Charlotte die Situation nutzte, um ihrem Leben ein Ende zu setzen, bleibt ungeklärt.

Wer mehr erfahren will über Sophie Charlotte, dem ist Christian Sepps Biografie wärmstens empfohlen. Neben einer schlichten und preiswerten Taschenbuchausgabe ist für Freunde bibliophiler Bücher eine gebundene Ausgabe mit Lesebändchen und Rotschnitt erschienen. Damit nicht zu lange warten, denn sie ist beinahe vergriffen!

Christian Sepp: Sophie Charlotte. Sisis leidenschaftliche Schwester. August Dreesbach Verlag, München 2014. Geb. 24,- EUR, TB 14,80 EUR.
http://www.augustdreesbachverlag.de/

In Fürstenfeldbruck zu beziehen über:
• Klosterladen Fürstenfeld
• http://www.lichtblick-oase.de

http://treffpunkt-wagner.de/ffb

 

 

Ein Gedanke zu „Sophie Charlotte in Bayern: gefangen im adeligen Käfig

  1. Vielen Dank für diese schöne Besprechung, über die ich mich sehr gefreut habe! Vor allem den Titel „Gefangen im adeligen Käfig“ finde ich sehr gut gewählt – das trifft es auf den Punkt. Und der Abschnitt über ihre Einweisung in die Psychiatrie ist sehr treffend zusammengefasst.
    Leider ist dieses Thema – „Sozialdisziplinierung durch Psychiatrie“ – das im Leben von Sophie Charlotte eine traurige Rolle spielte, bisher viel zu wenig erforscht worden. Ich habe bei meiner Arbeit an „Sophie Charlotte“ zahlreiche andere Fälle um 1900 gefunden, bei denen Frauen (es waren in erster Linie Frauen) durch eine Einweisung in die Psychiatrie „aus dem Verkehr gezogen“ wurden. Durch ein diagnostiziertes „Nervenleiden“ konnte man sich widerspenstiger Frauen leicht entledigen, man denke nur an die Bildhauerin Camille Claudel, die die letzten 30 Jahre ihres Lebens in psychiatrischen Anstalten verbracht hat. Auffallend ist, dass sich dieses Vorgehen bis in die Spitzen der Gesellschaft gezogen hat, wie man am Fall von Sophie Charlotte sehen kann.

    Herzliche Grüße
    Christian Sepp

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