Lesekurs für alte Handschriften im Hauptstaatsarchiv

© Elisabeth Lang

„In der Hoffnung daß meine Bitte Gnade und Gewährung finden wird erstirbt mit aller Ehrerbietung …“ – Seit November vergangenen Jahres findet im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München ein Lesekurs für alte Handschriften statt. Teilnehmer sind Heimat- und Familienforscher sowie geschichtlich und an alten Schriften Interessierte.

Frau Dr. von Walter, Referentin in der Abteilung für Ältere Bestände, leitet diesen Kurs mit viel Enthusiasmus. Zunächst gab sie uns einen Überblick über die verschiedenen Archive in Bayern und erklärte deren unterschiedliche Zuständigkeiten. So erfuhren wir, welche Archive welche Akten bewahren. Nach einer anschließenden kurzen Einführung in die Entwicklung der gebräuchlichen Handschriften  ging’s gleich ans Üben.

Angefangen haben wir mit Lena Christs Testament. Sie hatte eine äußerst sorgsame Handschrift und konnte sich deshalb immer wieder mit Schreibarbeiten Geld verdienen.
Richtig amüsant fanden wir ein Urteil gegen einen britischen Geistlichen wegen „Amtsehrenbeleidigung“ aus dem Jahr 1854.
Die Schilderung eines Unwetters von 1792 in Pfaffenhofen beginnt mit der Anrede „Durchlauchtigster Kurfürst, gnädigster Herr Herr!“ Hat man das Schreiben erst einmal entziffert, erfährt man unter anderem, dass „schrekbares Hagl“ mit „über großen Schloßen“ die „Ziegl … der Tächer zertrümerten“.
Nach Augenzeugenberichten aus dem Dreißigjährigen Krieg sind wir mit unseren Leseübungen inzwischen in der Zeit um 1600 angekommen. Doch es gibt noch ältere Schriftstücke für uns zu entdecken!

Faszinierend ebenmäßige Handschriften

Der Großteil der Texte wurde mit faszinierend ebenmäßigen Handschriften aufgeschrieben. Dennoch finde ich die Schriftstücke mit zunehmendem Alter leider auch zunehmend schwieriger zu lesen und zu verstehen. Das liegt nicht nur daran, dass das Schriftbild immer fremder wird. Vielmehr trägt auch die heute manchmals schwieriger zu verstehende Sprache dazu bei: uneinheitliche Rechtschreibung, fehlende Satzzeichen,  ungebräuchliche Wörter und Satzstrukturen oder fremde Abkürzungen. Hier ist viel Übung nötig. Und Geduld. Aber es macht Spaß und ist manchmal wie Rätsel lösen.
Durch die Auswahl der Texte, das geduldige Erklären und die erforderliche Unterstützung erweist sich Frau von Walter als pädagogisch geschickte Dozentin. Sie kann mit viel Elan vermitteln, was sie selbst begeistert.

Ganz besonders an dem Kurs finde ich, dass wir aus den Originalen lesen. Weil ich ihre Romane sehr schätze, hat mich vor allem Lena Christs Testament zutiefst berührt: Tatsächlich das Schriftstück in Händen zu halten, das sie am Tag vor ihrem Tod eigenhändig geschrieben hat, ging mir sehr nahe.

Der Kurs neigt sich nun seinem Ende zu. Doch für den Sommer ist eine Fortsetzung geplant. Es können auch neue Teilnehmer dazukommen.

http://www.gda.bayern.de/archive/hauptstaatsarchiv/

 

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