Meschugge sind wir beide

© Eden Books, Shaul Bustan

Eine deutsch-israelische Liebesgeschichte – wie meschugge ist das denn? Nun, vergangene Woche haben Claudia S. C. Schwartz und Shaul Bustan bei ihrer Leseperformance in der Germeringer Stadtbibliothek gezeigt, dass das aufs Beste funktionieren kann.

Kennengelernt hatten sich die beiden durch die gemeinsame Arbeit an einer One-Woman-Show in Berlin. Schon ein paar Monate vorher hatte Claudias Freundin, die Regisseurin Sharon, versucht, zwischen Claudia und Shaul ein „Schi-duch“ zu machen, also die beiden zu verkuppeln. Doch Claudia, von Liebeskummer geplagt, hatte davon nichts wissen wollen. Nun agierte Claudia als Schauspielerin für Sharon. Und Sharon schlug Shaul als begleitenden Musiker vor. – Als sich die beiden dann schon beim ersten Treffen ineinander verliebten, war Sharon allerdings zunächst nicht angetan von Claudias und Shauls Geturtel. Fürchtete sie doch um die Proben für ihr Theaterstück.

Betroffenheit und Humor als Mittel der Verständigung – meschugge?

Bei den sich häufenden Treffen erzählen sich die beiden ihre Familiengeschichten. Claudia von ihrem Großvater, der als junger Kerl als Wehrmachtssoldat in den Zweiten Weltkrieg ziehen musste. Und Shaul von seinen rumänischen Großeltern, die unter dramatischen Umständen den Holocaust überlebt hatten. Betretenes Betroffensein und manchmal irritierender Humor sind die Pole, zwischen denen Claudia und Shaul ihre Familiengeschichten abarbeiten und sich auch darüber immer näher kommen.

Auch etwas meschugge: als Deutsche zu Holocaust-Überlebenden nach Israel reisen

Und dann sind da noch Claudias Erinnerungen an ihren ersten Aufenthalt in Israel. Bei dem sie sowohl die Sicht der Israelis als auch die der Palästinenser auf den endlos andauernden Konflikt zwischen den beiden Völkern kennenlernt und zu verstehen versucht. Und die Schilderung ihrer schikanösen Behandlung am Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv bei ihrer Ausreise. Nach der sich Claudia geschworen hatte, nie wieder nach Israel zu reisen.
Dennoch fliegt sie mit Shaul ein paar Jahre später wieder hin – und erfährt das Land nun ganz anders. Sie erlebt Shaulis rumänisch-stämmigen Großvater, der zur Verwunderung seiner Familie plötzlich ein lupenreines Deutsch spricht. Bisher hatte niemand davon gewusst! Sie begegnet Shauls unkomplizierter Schwester und deren Familie – und schließlich Tante Ariela, der sie als Deutsche schlichtweg nichts recht machen kann.

Beide wären gerne einfach nur Claudia und Shaul – ebenfalls  meschugge?

Auf Wohnungssuche in Berlin bekommen die beiden überraschend schnell eine Wohnung. Denn der Vermieter ist als begeisterter Surfer mehrmals im Jahr in Tel Aviv und freut sich über dieses deutsch-israelsche Pärchen. Auf einer Party ist Claudias Cousin davon fasziniert, in Shaul und seinen Freunden mal ECHTEN Juden zu begegnen. Eine gute Freundin von Claudia verlässt eben diese Feier erbost, weil sie den Eindruck hat, dass Claudia nun komplett unter der Fuchtel eines dominanten, patriarchal geprägten Typs steht.
Erschöpft von diesen Ereignissen wünschen sich die beiden, mal einfach nur als Paar wahrgenommen zu werden, ohne den Ballast deutsch-israelischer Befindlichkeiten. – Doch selbst bei ihrer Hochzeit meint der wohlwolende katholische Priester, noch einen Bogen zum Holocaust schlagen zu müssen. Ein dreimal angestimmtes Halleluja sorgt für Irritation und Erheiterung – wie passend für diese Beziehung!

Zwar machen die biografischen Schilderungen der Großeltern und die Darstellung der  Verhätnisse von Israelis zu Palästinensern und Deutschen tief betroffen. Dennoch gelingt es Claudia S. C. Schwartz, einen leichten Erzählduktus aufrecht zu erhalten, der dazu führt, dass man das Buch bis zum Schluss nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Amüsant auch ihre Gestik und Mimik bei der Lesung und ihre Interaktion mit Shaul. Dieser bereichert die Leseperformance mit seinen Musikstücken auf der Oud. Buch und Lesung zeigen äußerst kurzweilig, wie komisch und meschugge die deutsch-israelischen Beziehungen und Befindlichkeiten sein können. Beides unbedingt empfohlen. Masel tov und: immer schön meschugge bleiben!

Claudia S. C. Schwartz: Meschugge sind wir beide. Unsere deutsch-israelische Liebeseschichte.  Eden books 2017, 14,95 EUR
Shaul Bustan: Negev, CD

Im Landkreis Fürstenfeldbruck u.a. zu beziehen über:
Buchhandlung LeseZeichen, Germering

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