Oft sind es die Kurzmeldungen in der Tageszeitung, die einen an Tagen wie diesen nicht am Gutem im Menschen zweifeln lassen oder gar für Erheiterung sorgen.
Denn wenn es in den Schlagzeilen einerseits um das Geschachere mit Menschen geht, die an europäischen Grenzen zurückgewiesen werden sollen, und andererseits um Fluchtbewegungen aufgrund von immer noch grausamer werdenden Kriegen, dann findet man sich als humanistisch-christlich geprägte AbendländerIn am Rande der Verzweiflung wieder.
Kurzmeldungen als Retter durch den Tag
In solchen Situationen sind es Kurzmeldungen wie die folgenden, die einen dank ihrer Situationskomik durch den Tag retten.
Am witzigsten fand ich bei meiner Morgenlektüre neulich die Geschichte vom Lederhosendieb. Wenn sie sich nicht wirklich so zugetragen hätte, hätte sie als Filmepisode gut erfunden oder vielleicht fast schon ein wenig übertieben gewirkt: Da klaut ein Zwanzigjähriger auf dem Flohmarkt der Daglfinger Trabrennbahn eine Hirschlederne. Beobachter der Szene machen den Standbetreiber auf die Schandtat aufmerksam. Der wiederum setzt dem Übeltäter nach, stellt ihn und lässt ihm die Wahl: bezahlen oder Polizei. Doch statt Reue zu zeigen, grapscht der sich ein Messer vom Nachbarstand und fuchtelt wild drohend damit herum. Bis ihm schließlich ein weiterer Flohmarktbesucher mit einer Bratpfanne, die der sich wiederum von einem der umliegenden Tische geschnappt hat, Einhalt gebietet und in die Flucht schlägt. Und auf der stellt ihn dann die Polizei. Wunderbar! Meinem Gerechtigkeitssinn ist Genüge getan, ich kann behaglich durchatmen und weiterlesen.
Und da komme ich auch schon zur zweiten der drei Kurzmeldungen, nämlich die mit der coolen 86-jährigen Rollatorfahrerin. Die ist in einer Einkaufspassage unterwegs, als ein junger Möchtegerndieb leichte Beute vermutet und versucht, der alten Dame ihre Handtasche aus dem Korb ihres Vehikels zu klauen. Statt dem Jungspunt verdattert hinterherzuschauen dreht sie im exakt richtigen Moment – zack! – ihren Rollator zur Seite und ruft um Hilfe. Da bleibt dem Langfinger nichts anderes übrig, als sich schnellstens vom Acker zu machen, will er nicht geschnappt werden.
Da sage noch einmal jemand, wir lebten nicht in einer wehrhaften Demokratie!
Wenn dem Rehlein Christian Morgensterns Andacht fehlt …
Episode Nummer Drei hingegen handelt von einer Art Fahrerflucht, mangels nötigen Verstandes vermutlich. Man fühlt sich hier an Christian Morgensterns „Gebet“ erinnert, in dem er schreibt: „Die Rehlein beten zur Nacht, hab acht!“ Leider aber hatte sich Bambi in diesem Fall nicht an Morgensterns Mahnung gehalten und war am Samstagvormittag völlig unvermittelt aus dem Gebüsch gesprungen. „Obacht!“, möchte man hier dem aus Germerswang herannahenden Radlfahrer noch zurufen. Doch vergebens: Das Reh springt dem Radler direkt auf den Lenker und lässt ihn dadurch, logisch, von seinem Fahrrad segeln. Aber statt wie in Morgensterns Gedicht brav seine Zehlein zu falten, rennt das Vieh einfach weiter! Klarer Fall von Unfallflucht also. –
Am Abend zuvor gab es im nahe gelegenen Geisenhofen eine „Wuiderernacht“ des örtlichen Burschenschaftsvereins. Bleibt dem Rehlein also zu wünschen, dass diese rauen Gesellen inzwischen alle wieder nach Hause gefunden haben. Denn sonst, man weiß ja nie, droht ihm vielleicht noch eine wuide Nacht mit unbestimmten Ausgang …
Kurzmeldungen wie diese sind es, die in Zeiten zunehmender sozialer Kälte an Liselotte Pulvers Satz „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, denken lassen.