„Soweit die Füße tragen“ (1959), „Wie eine Träne im Ozean“ (1970) oder „Der Winter, der ein Sommer war“ (1976) – in nicht einmal 30 Jahren führte Fritz Umgelter in über 100 Fernsehproduktionen Regie. Am 8. August dieses Jahres wäre er 100 Jahre alt geworden.
Fritz Umgelter wurde am 8. August 1922 in Stuttgart in ein humanistisch geprägtes Elternhaus hineingeboren. Um sich einer Zwangsrekrutierung durch die SS entziehen zu können, machte er mit 17 Jahren das Notabitur und meldete sich freiwillig zur Luftwaffe. Obwohl er nicht gläubig war, studierte er nach Kriegsende in Straßburg, Tübingen und München neben Literaturwissenschaften auch Theologie, um sich mit den Fragen von Schuld, Verantwortung und Versöhnung nach all den grauenvollen Kriegserlebnissen auseinanderzusetzen.
Mit 31 Jahren Regisseur beim Hessischen Rundfunk
Schon während des Studiums arbeitete Umgelter als Bühnenbildner. Am Stadttheater Augsburg war er zudem Spielleiter und Schauspieler. 1953 kam er als Regisseur zum Hessischen Rundfunk, wo er 1955 die Leitung der Abteilung Fernsehspiel, Unterhaltung und Dokumente übernahm, ehe er schon ein Jahr später als freier Bühnen- und Fernsehregisseur in Augsburg, Wiesbaden, München und Wien tätig wurde. Während dieser Zeit lernte er seine künftige Frau Ingrid kennen, mit der er nach Gröbenzell zog.
Regie in mehr als 100 Fernsehproduktionen
Fritz Umgelter war ein Getriebener: Stets arbeitete er an mindestens zwei Projekten gleichzeitig. Während sich das eine noch in der Nacharbeit befand, saß er parallel schon an einem neuen. So kam er in nur 28 Jahren auf über 100 Inszenierungen für das Fernsehen und sieben Kinofilme. Er lieferte Arbeiten für die verschiedensten Genres, von sechs Folgen der Spielshow „Wer gegen wen?“ mit Hans-Joachim Kulenkampff 1954/1955 über Fernsehdokumentationen und Krimis, darunter zahlreiche „Tatort“-Folgen, bis hin zu Geschichten für Kinder. Insbesondere Literaturverfilmungen waren ihm, dem Literaturwissenschaftler, wichtig. So verfilmte er etwa Stücke von Dürrenmatt, Schiller, Hauptmann und Kleist. „Wie kann ich den ‚Prinz Friedrich von Homburg‘ zeitgemäß umsetzen?“, war beispielsweise eine Frage, die ihn umtrieb.
Zahlreiche Auszeichnungen für Fritz Umgelter
Zudem übernahm er die Regie für die Fernsehmehrteiler „So weit die Füße tragen“ (1959) und „Am grünen Strand der Spree“ (1960). Beide Serien wurden „Straßenfeger“ mit hohen Einschaltquoten. Mehrere Szenen von „Bastien und Bastienne“, dem vierten Teil von „Am grünen Strand der Spree“, drehte er in Gröbenzell und am Olchinger See.
Für „Bratkartoffeln inbegriffen“ erhielt er 1967 den Fernsehfilmpreis für die beste Regie, für „Wie eine Träne im Ozean“ 1971 den Adolf-Grimme-Preis, ebenfalls für die beste Regie. Der aufwendig inszenierte Dreiteiler „Der Winter, der ein Sommer war“ von 1976 fand internationale Beachtung.
Sechs Folgen für „Das Traumschiff“ zu Beginn der 1980er-Jahre waren seine letzten Arbeiten. Die damit verbundene Weltreise war verlockend für ihn gewesen. Die Ausstrahlung der Serie erlebte er nicht mehr: Am 9. Mai 1981 starb er an seinem zweiten Herzinfarkt.
Fritz Umgelter: von der Fachwelt bis heute geschätzt
Der Nachlass von Fritz Umgelter wird im Archiv der Film- und Medienkunst an der Akademie der Künste in Berlin verwahrt. Bei einem Telefonat äußert Archivleiter Torsten Musial: „Wir sehen ihn als einen, der mit seinen Werken die Entwicklung des Fernsehens in Deutschland maßgeblich beeinflusst hat.“ Wie schade, dass er heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist!
Das Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck zeigt an Fritz Umgelters 100. Geburtstag am 8.8.2022 um 18:15 Uhr seine Jerry-Cotton-Verfilmung von Schüsse aus dem Geigenkasten (1965). Ich halte vorab eine kurze Einführung.
Am 21.11.2022 habe ich um 19 Uhr einen Vortrag über Fritz Umgelter an der Vhs Fürstenfeldbruck.
Ausführlicheres zu lesen gibt es in meinem Artikel „Fritz Umgelter und das Kino der jungen Bundesrepublik“ im Ausstellungskatalog Lichtspiele. Kino und Film im Brucker Land von den Anfängen bis zum Siegeszug des Fernsehens zur gleichnamigen Sonderausstellung am Bauernhofmuseum Jexhof 2021.